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Ethereum 2.0 oder wie der Ethereum Merge die Blockchain-Welt verändert

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Man sagt, dass Boxer nach einer Niederlage nie wieder zurückkommen. Wird Ethereum 2.0 das ändern? Ethereum ist der ehemalige Schwergewichts-Champion, der von einer Handvoll etablierter Chains mit technologischen Innovationen geschlagen wurde. Doch mit dem kommenden Switch von Proof of Work zu Proof of Stake schlägt jetzt die Stunde des Champions.

Ethereum war das wahrscheinlich wichtigste Projekt in der ersten Blockchain-Welle und bot intelligentere Funktionen als sein technologischer Vater Bitcoin. Ethereums Kryptowährung Ether ist zwar genauso Geld wie Bitcoin es ist, aber darüber hinaus ist es programmierbares Geld, das mit Funktionen und Verträgen angereichert werden kann (Was ist Ethereum und wie funktioniert es?). Noch besser ist, dass es fünfmal mehr Transaktionen als Bitcoin ermöglicht. Das ist allerdings nicht so spektakulär, wie es sich anhört, wenn man bedenkt, dass Bitcoin 3-7 Transaktionen pro Sekunde zulässt. Das Kreditkartennetzwerk von Visa kann 6.000 Finanztransaktionen zur gleichen Zeit durchführen. Plötzlich werden die Grenzen von Blockchains gegenüber der realen (Datenbank) Welt erkennbar.

Es gibt ein altes Sprichwort: “Die Phönizier haben das Geld erfunden. Aber warum so wenig?” Man könnte einer Blockchain die gleiche Frage stellen. Wenn sie könnte, würde sie antworten: “Ich habe ein Trilemma. Da ist die Geschwindigkeit, da ist der Grad der Dezentralisierung und da sind die Kosten. Man kann nur zwei von den dreien haben.” Visa ist schnell (d.h. es kann viele Transaktionen auf einmal durchführen) und relativ günstig. Aber es ist ein zentralisiertes Netzwerk, das die Macht in eine einzige Hand (oder zwei) legt. Eine Blockchain bietet immer auch Dezentralisierung. Das ist ihr Hauptvorteil. Doch je größer der Grad der Dezentralisierung, desto teurer wird der Unterhalt oder desto langsamer wird das Netzwerk (oder beides). 

Das Trilemma der Blockchain ist ein Gesetz, das mit der Schwerkraft vergleichbar ist. Die Menschheit glaubt, dass sie es eines Tages überwinden kann, aber niemand hat es tatsächlich erreicht. Das liegt nicht daran, dass wir es nicht versucht hätten. Alle 18 Monate oder so bringt eine neue technologische Entwicklung eine neue Welle von Blockchains hervor. Neue Konzepte mit seltsamen Namen wie Sharding oder Off-Chain erweitern die Skalierungsgrenze, ohne jemals das zugrunde liegende Problem zu lösen.

Mit Vitalik Buterin hat Ethereum einen der klügsten Gründer, die Community rund um das Protokoll ist riesig und sehr aktiv. Sie haben seit langem einige der technologischen Probleme gelöst – die Verbesserung des lächerlichen Transaktionslimits und des Proof-of-Work-Mechanismus, der zur Aufrechterhaltung eine Investition in Strom erfordert. Aber die Umsetzung dieser Maßnahmen dauert vielen Jahren. In Kryptozeit wären das Jahrhunderte.  

Ungeachtet der Probleme wurde Ethereum schnell zur am weitesten verbreiteten Blockchain und ist es immer noch, ihre Marktkapitalisierung beträgt mehrere hundert Milliarden Dollar, Tausende von Unternehmen bauen darauf auf. Das macht Innovation schwierig. Die Implementierung neuer Lösungen ist immer ein Risiko, denn sie erfordert das programmiertechnische Äquivalent einer Operation am offenen Herzen. Je wertvoller das Netzwerk wurde, desto riskanter war die Veränderung. 

Die Jahre vergingen. Ethereum durchlief alle klassischen Phasen des Innovationszyklus:

Ethereum 2.0 klassischer Innovationszyklus
Ethereum 2.0 oder wie der Ethereum Merge die Blockchain-Welt verändert 1

Als Ethereum im Jahr 2014 startete (Phase 1), war es innovativ. Innovation brachte Zugkraft und schnelles Wachstum (Phase 2). Je reifer die Position von Ethereum auf dem Markt wurde, desto mehr Widerstand wurde gegen Veränderungen aufgebaut (Phase 3). Ethereum hat nun Phase 4 erreicht. Es hat seinen Zenit erreicht, es hat den größten Wert in der dezentralen Finanzwirtschaft (DeFi) und den NFTs gebunden. 

Es ist jedoch nicht allein in der Branche. Blockchains haben sich weiterentwickelt, sie sind schneller, bequemer und billiger geworden, aber wahrscheinlich weniger dezentralisiert (denke an das Trilemma). Da Ethereum nicht in der Lage war, Transaktionen zu skalieren, skalierte es im Preis – die steigende Nachfrage machte jede Transaktion immer teurer. Ethereum wurde ein Opfer seines eigenen Erfolgs.   

Ethereums Versuche zu skalieren

Ethereum hat zwei Bereiche gefunden, in denen es seine Struktur so verändern kann, dass sie für die “reale Welt” geeignet ist. Der eine Bereich dreht sich um den Konsensmechanismus. Eine Bank hat ein zentrales Aufzeichnungsbuch, und nur diese Entität sagt, wem was gehört und wer wem was geschickt hat. Sie müssen ihre Aufzeichnungen nur selten im Detail der Öffentlichkeit gegenüber nachweisen. In einer dezentralen Blockchain hingegen werden die Aufzeichnungen auf mehreren Computern, den so genannten Knoten (Nodes), gespeichert. Bei einer zentralisierten Blockchain wie EOS ist die “Wahrheit” auf 21 Knoten gespeichert, bei Bitcoin sind es mehrere Tausend. 

Wenn eine Transaktion durchgeführt wird, muss sie auf jedem Knoten aktualisiert werden. Wenn eine Node manipuliert wird oder einfach offline ist, unterscheidet sich ihr Datensatz von dem der anderen. Die wichtigste Aufgabe einer Blockchain ist es, den Konsens der Wahrheit herzustellen und aufrechtzuerhalten. Ein Schutz gegen Manipulationen besteht darin, Manipulationen unerschwinglich zu machen. Da der Konsensmechanismus die einzige Schwachstelle ist, muss der Konsens auch im Verhältnis zum Gesamtwert der Blockchain teuer sein. 

Frühe Blockchains, darunter Ethereum, machten den Konsens teuer, indem sie scheinbar sinnlose, energieintensive Berechnungen hinzufügen. Die Kosten steigen mit der Nutzung und dem Wert der Blockchain. Bitcoin ist mit fast einer Billion Dollar die wertvollste Chain, daher kosten die Kosten für die Aufrechterhaltung des Konsenses (und die Kosten, die entstehen, wenn man ihn manipulieren möchte) die gleiche Menge an (Computer-)Energie, die Argentinien aufwendet. 

Die neuere Blockchain hat diesen sogenannten Proof of Work (PoW, Computer arbeiten lassen) durch einen Konsensmechanismus namens Proof of Stake (PoS) ersetzt. Damit wurden die Kosten für Energie durch das Binden von Geld (wie auf einem Sparbuch) ersetzt. Dieselbe Person, die Energie im Wert eines kleinen Landes ausgibt (und dafür wertvolle Coins erhält), gibt nun eine Menge Coins in ein Schließfach und kauft das Recht, an der Konsensbildung mitzuwirken. Mit PoS gibt es keine Verschwendung, das macht das Netz effizienter. 

Ein zweiter Bereich ist eine Technologie namens Sharding. Eine klassische Blockchain, zu der auch Ethereum bisher gehört, speichert Transaktionen in einem großen Buch. Mit jedem Tag wächst es und wird unhandlicher und damit langsamer. Beim Sharding wird das Buch in viele kleinere Teile zerlegt und dezentral gespeichert. Dadurch werden weniger Daten durch die Weiten des Internets geschickt – die Blockchain wird schneller.  

Beide Änderungen im Quellcode von Ethereum sollen die Blockchain von 15 Transaktionen pro Sekunde auf 100.000 beschleunigen. Jetzt geht es darum, sie für etwas anderes zu nutzen als für eine Handvoll gelangweilter Affen. 

Die Angst des Raketenbauers vor dem Start

Im Jahr 2022 ist es so weit. Das lang erwartete „Ethereum Merge Date“ steht vor der Tür. Ethereum wagt den Sprung in eine neue Technologie. Die erste Zündstufe der mit Ether betriebenen Rakete ist die Umstellung von Proof of Work auf Proof of Stake. Seit April 2022 betreibt Ethereum die alte energiefressende Blockchain (Ethereum Main net oder auch ETH 1) und parallel dazu eine neue auf Proof of Stake basierende. Sie wird Beacon Chain oder auch Ethereum 2.0 genannt.

Beide Chains beinhalten nun die gleichen Transaktionen, bei jeder neuen wird der dazugehörige Datensatz in beide Chains gespeichert. Doch es ist nicht damit getan, einfach die alte abzuschalten. Beide Chains müssen nun zusammengeführt werden. Da der gesamte Wert in der Ethereum Blockchain in der dazugehörigen Software gespeichert ist, wäre ein Fehler in der Umstellung katastrophal. Wie in einem Spaceshuttle kann ein metaphorischer löchriger Dichtungsring zu furchtbaren Verlusten führen. 

Im vergangenen Juni wurde diese Zusammenführung erstmals geprobt, das Ropsten Test Network (testnet) verband seinen Proof of Work Layer mit der neuen Beacon Chain. Mit Erfolg! Doch nun steigt der Puls der Ethereum Techniker, in der ersten Hälfte des Augusts soll die Generalprobe mit dem sogenannten Goerli Merger stattfinden – ein letzter Test, bevor der Milliarden Dollar Schalter umgelegt wird. 

Was machen Ethereum Miner nach dem Merge?

In aller Kürze: etwas anderes. Ethereum Mining hat eine recht komplexe Infrastruktur. Es gibt tausende Einzelpersonen und viele Firmen, die mit der eigenen Hardware und eigener Energie neue Ether minen. Theoretisch könnten sie mit ihren Mining Rigs andere Coins generieren. Doch das ist wenig erfolgversprechend. So benötigt zum Beispiel Bitcoin Mining andere Hardware als Ether, die alten Rigs können also nicht für die wichtigste aller Blockchains verwendet werden. Dazu kommt, dass unter den so genannten GPU Minern (die mit Grafikkarten betrieben werden) Ethereum so dominant ist, dass es sich nicht lohnt, andere Coins zu minen. 

Miner sind zumeist in Mining Pools zusammen geschlossen. Diese funktionieren wie Lotterie-Gemeinschaften, die Wahrscheinlichkeit des Gewinns wird erhöht und der Gewinn wird unter den Teilnehmenden verteilt. Die Pools verdienen weniger Geld durch das aktive minen, sondern durch die Verwaltung. Sie sind schon auf den Merge vorbereitet, nun können die Mitglieder Ether für den Proof of Stake bereitstellen (also staken) anstatt zu minen. 

Verändert der Ethereum 2.0 unser Leben? 

Zuerst werden wir wahrscheinlich nicht viel merken. In unseren Wallets werden immer noch dieselben Ether angezeigt, es gibt keinen neuen Coin. Die erste Frage wird immer nach den Gas-Fees, also dem Nutzungsentgelt gestellt. Wenn die Beacon Chain so viel mehr Transaktionen abwickeln kann, sollte es dann nicht auch billiger werden? Auf diese Frage gibt es (noch) keine eindeutige Antwort. Denn die Netzwerkkosten sind variabel. Sie werden durch den Bedarf gesteuert. Die Netzwerkbetreiber (hier die Ethereum Foundation) hat nur bedingt Kontrolle über die Gas-Fee. ExpertInnen auf Twitter diskutieren diese Frage gerade sehr lebhaft. Die Umstellung wird es zeigen. Doch wann passiert sie nun?  

Die Ethereum Merge Prognose

Keine Softwareumstellung läuft fehlerfrei. So ist auch beim Ethereum Merge mit Problemen zu rechnen und damit auch mit Verzögerungen. Noch ist der tatsächliche Merge für das Jahr 2022 geplant. Die ganze Crypto- und Blockchain-Community blickt gespannt auf den vielleicht wichtigsten Crypto-Event seit der Erfindung von Bitcoin. 

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